Die 4-Stunden-Woche: Ein Buch für Faule?
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Die 4-Stunden-Woche: Ein Buch für Faule?

Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit alternativen Lebens- und Arbeitsweisen sowie dem Work-Life-Balance. Dabei ist mir das Buch »Die 4-Stunden-Woche« von Timothy Ferriss in die Hände gefallen. Der ausgefallene Titel verrät schon, dass der Ratgeber darauf abzielt, die Arbeitszeit so sehr zu optimieren, dass mehr als genügend Freizeit bleibt. Doch ist diese Lebensweise deshalb tatsächlich etwas für Faule?

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Für jeden gestressten Angestellten oder Selbständigen dürfte eine Arbeitswoche mit nur vier Stunden ein Traum sein. Das zeigen schon allein die hohen Verkaufszahlen des Buches, das sich insbesondere in den USA avanciert hat.

Doch andererseits stellt sich bei so viel freier Zeit doch schnell Langeweile ein. Zudem würden Skeptiker sofort bemerken, dass diese Lebensweise nur für Müßiggänger zu verkraften wäre und durch die geringe Arbeitszeit sowieso nicht genügend Einkommen erzielt wird, um sein Überleben zu sichern.

Die eigene Arbeit optimieren

Das Grundprinzip, das Ferriss hier vermittelt, ist das Optimieren der eigenen Arbeitszeit. Durch das Reduzieren der Zeit, in der man beispielsweise E-Mails bearbeitet oder an Meetings teilnimmt, könne man in 20 Prozent der Zeit 80 Prozent der Arbeit bewältigen.

Wenn man seinen Chef davon überzeugen kann, dass man besser ohne Störungen vom Home Office aus arbeiten möchte, soll sich die Produktivität noch weiter steigern lassen. Dann gebe es auch die Möglichkeit, durch gezieltes Outsourcen einzelner Arbeitsschritte noch mehr Zeit zu sparen. Selbst private Aufgaben könnten durch Firmen oder Virtuelle private Assistenten übernommen werden.

Der Autor verzichtet in seinem Ratgeber darauf, Schritt-für-Schritt-Anleitungen zu geben und lieber bei Grundsatzdiskussionen anzusetzen. Wir müssten davon abkommen, für eine Leistung benötigte Zeit bezahlt zu werden. Außerdem leben wir ja nicht, um zu arbeiten, sondern damit wir uns entwickeln können. Und dies können wir vor allen Dingen, indem wir unsere Interessen in unserer Freizeit erweitern.

Automatisierte Prozesse in der Selbständigkeit

Einen Schritt weiter mit der Optimierung der Produktivität geht Ferriss noch bei selbständigen Tätigkeiten. Ideal wäre dazu ein digitales Informationsprodukt zu einem Nischenthema mit einem Endpreis von etwa 100 Euro und Produktionskosten von maximal 20 Euro. Dienste im Internet haben natürlich schon von sich aus den Vorteil, dass sich der Einkaufs-Prozess größtenteils automatisieren lässt.

Und selbst bei einem physischen Produkt wie etwa einer CD oder einem Buch könne man Produktion, Versand und Kundensupport an Fulfilment-Unternehmen auslagern. Idealerweise läuft der Verkauf dann von selbst und man muss nur noch wenig Zeit dafür aufbringen, die Berichte zu lesen oder gelegentlich Probleme zu lösen oder lösen zu lassen.

Mit vier Stunden pro Woche 50.000 Euro pro Monat zu verdienen, wäre nach Ansicht des Autors dabei durchaus möglich. Für Faule ist dies allerdings nichts, denn vor dem großen Luxus steht erst einmal die Geschäftsidee und die Umsetzung. Und bei einem so großen Verdienst — wohlgemerkt bei einem digitalen Produkt — muss natürlich überhaupt die Nachfrage hoch genug sein.

Meiner Meinung nach ist Optimieren und Automatisieren auch nicht generell möglich, sondern beschränkt sich auf bestimmte Berufsgruppen. Und wenn allein die über 500.000 US-amerikanischen Leser eine solche Vorgehensweise umsetzen könnten — irgendwann würde es niemanden mehr geben, zu dem man seine Arbeit outsourcen könnte.

Denn die gewonnene Zeit wurde ja lediglich zu anderen Menschen verschoben. Doch was, wenn alle so denken und nicht mehr den Grundsatz »Zeit = Geld« verfolgen würden?

Und die Freizeit?

Besonders positiv fiel mir beim Lesen des Buches allerdings auf, wie Ferriss mit der gewonnenen Zeit umgeht. Wie schon erwähnt, geht es ihm keineswegs darum, Däumchen zu drehen.

Die persönliche Entwicklung steht hier im Vordergrund: Mehrmonatige Reisen, Sprachen, tanzen oder Musikinstrumente lernen — der Fantasie sei hier keine Grenze gesetzt. Man solle mehrmals im Jahr für einen Monat Urlaub machen, um Energie zu tanken. Wie ein Millionär leben, ohne soviel Geld zu haben. Denn die Aktivitäten seien gar nicht so teuer wie man denkt!

»Die 4-Stunden-Woche*« von Timothy Ferriss ist ein gelungenes Buch, das mit der Denkweise vieler Arbeitnehmer aufräumt. Eine Kaufempfehlung gebe ich aber nur eingeschränkt — denn wer soll nur die ganze Arbeit machen, wenn alle den Ratgeber gelesen haben und danach leben?