Back to the Roots: Warum ich wieder ein Handy nutze
Vor 17 Jahren kaufte ich mir mein erstes Handy. Ich erinnere mich noch ziemlich genau daran. Ich studierte 1998 in Dresden und ging in einen E-Plus-Laden, um mir mein Mobiltelefon auszusuchen. In meiner Heimatstadt hingegen musste ich noch zwei Jahre auf den Netzausbau von E-Plus warten.
Es wurde das Nokia 5110 classic mit einer schicken Antenne, monochromen LCD-Display und austauschbaren Gehäuseschalen. Mit ca. 13,2 x 47,5 x 3,1 Zentimeter und einem Gewicht von etwa 170 Gramm gehörte es schon zu den kompakten Geräten der damaligen Zeit.
Der Akku hielt im Standby etwa 10 Tage, man konnte telefonieren, SMS schreiben und dank drei Spielen sich auch einmal die Zeit zwischen den Vorlesungen vertreiben.
Vom Handy zum Smartphone
Unzählige Handys von Nokia, Motorola, Sagem und Co. später war ich nun selbst mit meinem iPhone 4 schon veraltet. Nach dem iPhone 3G war dies mein zweites Smartphone überhaupt und dabei bin ich geblieben. Nur durch regelmäßige Reviews bekam ich auch andere Geräte mit sämtlichen Betriebssystemen in die Hände.
Die Größe der heutigen Smartphones nimmt sich nicht viel im Vergleich zur damaligen Zeit, nur dass sie sehr viel dünner und die Farbdisplays mit bis zu 6 Zoll Diagonale einfach riesig geworden sind. Und wenn es hoch kommt, hält der Akku heutzutage im Standby nur noch 2 Tage.
Das Smartphone ist zum vollwertigen Computer geworden: Telefon- und SMS-Funktion sind inzwischen Nebensache. Mit dem Gerät kommt der Nutzer zu jeder Zeit ins Internet, ob zu Hause über WLAN oder unterwegs über LTE.
Jedwede Information ist nur wenige Fingertipps entfernt und wenn wir einmal nicht draufschauen, werden wir über jede Neuigkeit dennoch benachrichtigt. Smartwatches machen selbst die Bewegung der Hand in die Hosentasche überflüssig.
Ein Multifunktionsgerät
Das Handy ist längst nicht mehr nur ein Telefon — es ist Foto- und Videokamera, MP3-Player, Lesegerät und Navigationsgerät. Und mithilfe der App Stores können wir Millionen Erweiterungen für unser Smartphone herunterladen und es um viele weitere Zwecke ergänzen. Ach, und eine Spielekonsole ist es inzwischen auch.
Im Grunde unterstütze ich ja den Trend, Geräte mehreren Zwecken zuzuführen. Das ist nicht nur praktisch, sondern schont sogar noch die Umwelt, denn mehrere Geräte bedeuten auch mehr Müll. Andererseits kann ich die sehr eingeschränkte Haltbarkeit der Smartphones und den Trend zum jährlichen Austausch derselbigen nicht nachvollziehen.
Brauche ich das wirklich?
Trotz dass viele dieser Funktion durchaus praktisch sein können, hatte ich immer wieder die Bedenken, ob ich solch ein Gerät denn wirklich brauche. Also habe ich mir einmal einige Fragen gestellt:
- Brauchen wir tatsächlich ständigen Zugriff auf Informationen, wenn wir sowieso schon unter permanenten Informations- und Reizüberfluss leiden?
- Brauchen wir wirklich so viel virtuellen Kontakt zu unseren Freunden und Bekannten, wenn wir auch anrufen oder uns mit ihnen treffen können?
- Müssen wir überhaupt zu jeder Zeit Fotos machen und sie mit der Öffentlichkeit teilen? Wo bleibt die Kunst?
- Brauchen wir wirklich digitale Bücher auf Displays, die im Sonnenlicht und im Dunkeln unsere Augen schädigen?
- Wollen wir tatsächlich unsere ganze Freizeit mit Spielen wie »Angry Birds« oder »Cut the Rope« verschwenden?
Da ich die meisten dieser Fragen mit einem klaren Nein beantworten konnte und mich schon vor einiger Zeit mit dem idealen Handy für mich befasst hatte, habe ich vor kurzem einen Entschluss gefasst:
Ich will zurück zu 1998, in Sachen Handy eine einfache Zeit! Nur eben mit den technischen Vorteilen von heute.
Und so wechselte mein altes iPhone 4 seinen Besitzer. Stattdessen wandle ich nun wieder auf den Pfaden von Nokia. Klar, das Unternehmen hat schon längst seinen Zenit erreicht und wurde zudem auch noch von Microsoft aufgekauft. Aber eines der letzten Geräte der alten Zeit — das inzwischen den Namen »Feature Phone« trägt und seinem Beinamen »Candybar« gerecht wird — wurde mein Eigen: Das Nokia 130*.
Mein neues Handy
Es ist 2015. Mein Handy hat keine klobige Antenne, ist etwas kleiner und vor allen Dingen dünner. Es wiegt nur noch knappe 70 Gramm. Statt auswechselbarem Cover strahlt mir das Gerät gleich direkt im rot-orangener Plastik entgegen.
Es hat keinen Touchscreen, sondern eine herkömmliche Tastatur — 16 Tasten zzgl. Steuerkreuz. Es hat keine Kamera, kann kein Internet. Ich kann damit nur Telefonieren und SMS schreiben.
Naja, ein bisschen »moderner« geht es dennoch: Dank microSD-Karte passt der MP3-Player noch mit rein. Mit Kopfhörer ist auch ein FM-Radio an Bord. Ich kann gleich zwei SIM-Karten in das Handy stopfen. Und der Akku hält im Standby ungefähr einen Monat. Und das für knapp 30 Euro.
Bücher lesen kann ich auch auf meinem Kindle. Und eine vollwertige (Garmin-)Navigation kaufe ich mir dann, wenn es nötig wird.