Datenschutz: Warum wir uns umsonst beschweren
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Datenschutz: Warum wir uns umsonst beschweren

Spätestens seit dem NSA-Skandal hat sich das Thema Datenschutz in Deutschland zu einer regelrechten Paranoia entwickelt. Warum ich die Sachlage ein wenig anders sehe, möchte ich Dir in diesem etwas provokativen Artikel erklären.

Insbesondere in Deutschland konnte sich die Spezies der Datenschützer sehr gut vermehren. Ob sie nun gegen große Suchmaschinen-Experten, soziale Netze oder Geheimdienste wettern — regelmäßige Meldungen zu Spionage, Sicherheitslücken und unlautere Marktforschung lässt den Menschen Angst und Bange werden.

Das Spiel mit der Angst

Das geht sogar so weit, dass selbst meine Eltern, die sich sowieso nur sporadisch im Internet aufhalten, mich nun schon fast bei jeder Mail, die sich eigentlich sofort als Spam oder gar Trojaner identifizieren lässt, sofort anrufen und nachfragen, ob sie einen Fehler gemacht haben.

Das Internet wird regelmäßig zur unsicheren Datenkrake verurteilt. Es sollen sich ausschließlich Betrüger und andere Kriminelle darin aufhalten. Netzaktivisten wie Sascha Lobo prangern in geschwungenen Reden an, wir würden uns ja sowieso nicht um die Sicherheit kümmern (um dann als Lösung lediglich irgendwelche ominösen Hashtags vorzuschlagen).

Zugegeben, die NSA krallt sich wirklich jede Menge Daten. Facebook speichert — wie im übrigen jede andere nutzer-basierte Webseite auch — sehr viele Daten, die natürlich vor allen Dingen zu Werbezwecken verarbeitet werden. Cookies werden auf dem eigenen Rechner gespeichert (wer hat nicht schon mal auf »angemeldet bleiben« geklickt) und Sicherheitslücken wie aktuell im SSL-Protokoll ausgenutzt.

Aber man sollte sich auch bewusst sein, dass dies kein reines Internet-Phänomen ist. Geheimdienste gibt es seit Ewigkeiten, ob es nun die Tempelritter, Opus Dei, die Stasi, der BND, MI-6, die CIA oder eben NSA sind. Sie haben schon immer Daten gesammelt und vielleicht auch mal den einen oder anderen unter dem Deckmantel der Sicherheit zu Unrecht belangt.

Jedes Unternehmen, das irgendwie an Umsatz interessiert ist, hatte zu jeder Zeit das Interesse, den bestmöglichen Kunden für sein Produkt zu gewinnen. Und Sicherheitslücken wurden auch schon im alten Rom ausgenutzt.

Neues Medium Internet

Das Thema sollte also eigentlich hinlänglich bekannt sein. Die entsprechenden Institutionen haben mit dem Internet lediglich ein Medium in die Hand bekommen, dass es ihnen deutlich erleichtert und den Umfang der gesammelten Daten vervielfacht.

Um genau zu sein, ist das Internet ja sogar aus dem »Arpanet« entstanden, einem Projekt der US-Luftwaffe. Das sagt doch schon alles.

Natürlich kann so viel Wissen auch ausgenutzt werden. Die Mächtigen der Erde hatten zu jeder Zeit das Bedürfnis, unter einem Deckmantel ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Neu ist das alles nicht.

Das Internet ist inzwischen zu einem Abbild unserer Gesellschaft geworden, das sich manchmal noch viel intensiver, ja fast überspitzt darstellt, als wir wirklich sind. Ein gefundenes Fressen für all diejenigen, die dies studieren wollen.

Aufklärung notwendig

Anstatt jetzt aber den Kopf in den Sand zu stecken und sich über etwas aufzuregen, was der Einzelne überhaupt nicht verändern kann, sollten wir uns lieber einmal an die eigene Nase fassen.

Die größten Diskussionen diesbezüglich führen die so genannten »Digital Natives«, wir also, die mit dem Internet groß geworden sind und mit ihm leben und arbeiten. Die Masse der Bevölkerung gehört aber nicht dazu. Der Durchschnitts-Nutzer kennt sich da noch lange nicht gut genug aus, um alle sicherheits-relevanten Aspekte zu durchschauen.

Aber genau diesem größeren Teil der Menschen wird mit jeder neuen Meldung zu Millionen von geklauten E-Mail-Adressen oder der nächsten Sicherheitslücke Angst gemacht. Angst ist ein guter Motivator, um die Kaufkraft anzutreiben — und ich glaube, dass Sicherheitsunternehmen gerade einen großen Aufschwung erleben.

Natürlich kann ein Virenschutz nicht verkehrt sein, genauso wenig wie ein E-Mail-Provider, der Verschlüsselungssysteme anbietet (auch wenn die NSA sie sowieso schon lange kennt).

Internet ist Öffentlichkeit

Aber zuvor sollten wir etwas ganz anderes ändern: Unsere Einstellung zum Internet.

Stell Dir doch einmal vor, Du würdest auf einer großen Bühne in einem Stadion stehen. 10.000 Menschen würden Deinen Aussagen lauschen.

Würdest Du denen allen erzählen, was Du für Filme gesehen, was zum Mittag gegessen und wo Du überall warst? Würdest Du ihnen allen Deine Telefonnummer oder sogar Kontonummer geben? Würdest Du ihnen auf einer riesigen Leinwand Dein unaufgeräumtes Zimmer oder Deine Partybilder zeigen?

Was, wenn Du wüsstest, dass auch die Presse, Dein Arbeitgeber oder Deine Eltern vorort sein könnten? Würdest Du ihnen allen sagen, dass Du Deinen Job hasst und krankgefeiert hast, obwohl Du kerngesund warst?

Und würdest Du das alles noch tun, wenn nicht nur 10.000 Leute, sondern gleich mehrere Millionen zuhören könnten?

Genau so sieht es aber aus. Das Internet ist ein riesiges Stadion, gefüllt mit Millionen von Menschen. Im Grunde kann jeder alles lesen, sehen, hören. Manchmal kann man zwar den Kreis deutlich verkleinern, aber im Zweifelsfall gibt es immer eine Möglichkeit, dass auch andere an Deine Daten heran kommen.

Bevor Du also irgendetwas im Internet veröffentlichst, sei es eine Whatsapp-Nachricht, ein Facebook-Status, ein Instagram-Bild oder Deine Kontodaten, solltest Du also immer erst einmal überlegen, ob Du diese Information der Öffentlichkeit überhaupt mitteilen willst und was das für Konsequenzen haben könnte.

Natürlich gibt es auch noch weitere Punkte zu beachten. Die werde ich aber an einer anderen Stelle veröffentlichen. Denn wenn ich propagiere, dass man lieber erst einmal Aufklärungsarbeit leisten sollte, werde ich natürlich auch meinen Beitrag dazu leisten.