Ein Grundgesetz: Gleichheit und Gegensatz
Das Hauptproblem unserer Zivilisation sehe ich in unserer Gegensätzlichkeit und den damit verbundenen Emotionen. Dabei ist der Gegensatz noch nicht einmal verkehrt — wenn er voll und ganz akzeptiert wird.
Wir haben in unserem Leben gelernt, alles, was nur möglich ist, in Schubladen zu stecken. Ob Liebe oder Hass, Freund oder Feind, Arm oder Reich, Weiß oder Schwarz, Homo oder Hetero, Dick oder Dünn — insbesondere Dualitäten haben es uns angetan.
Erlernte Wertungen
Natürlich braucht unser Gehirn eine Form der Klassifizierung, um Dinge unterscheiden zu können und unsere Wahrnehmung zu verbessern. Doch schnell verknüpfen wir diese Schubladen mit Emotionen — insbesondere dann, wenn wir lernen.
Unsere Meinungen beziehen wir häufig nicht aus uns selbst. Unsere Eltern haben uns eingetrichtert, dass Liebe das Beste ist, was uns passieren kann, und Hass, Schmerz, Trauer, Wut zu unterdrücken sei.
Unsere (zumeist heterosexuellen) Freunde erzählen uns, dass Homosexualität abnormal sei. Unternehmen legen uns in ihrer Werbung nahe, dass ihr Produkt das Beste sei. Reiche sagen uns, dass man sei, was man habe. Die Gesellschaft sagt uns, dass dünn schick und dick ungesund sei.
Sicher, wir können alles selbst überprüfen und werden häufig feststellen, dass diese Wertungen nicht der Wahrheit entsprechen. Aber es wird uns so oft eingebläut, bis wir es einfach hinnehmen und uns gar nicht mehr die Mühe machen, uns eine eigene Meinung zu bilden. Die ja wiederum — wenn sie keiner als »normal« empfindet — sowieso gern unterdrückt wird.
Zahlungsmittel Anerkennung
Der ewige Gegensatz macht uns Menschen aus, denn es gibt kaum zwei Individuen, die sich zu 100 Prozent gleichen. Doch es ist unser Denken, das uns regelrecht zu Monstern lassen wird.
Denn jeder Klassifikation unterstellen wir einen Wert: Menschen sind mehr wert als Tiere, Freunde mehr wert als Feinde. Unsere sexuelle Orientierung oder Hautfarbe ist uns auch nicht gleichwertig. Und ganz sicher ist Reich mehr wert als Arm.
Das Zahlungsmittel, das wir dazu benutzen, ist in den meisten Fällen die Anerkennung. Denn je mehr Wert wir einem Menschen, der Flora oder Fauna zusprechen, desto mehr Anerkennung bringen wir ihm im Grunde entgegen.
Dass wir ohne Tiere und Pflanzen gar nicht leben könnten, dass wir aus den Verhaltensweisen unserer Feinde lernen und der Wert zwischen Arm und Reich lediglich an materiellen Werten festgemacht ist, kommt uns dabei gar nicht in den Sinn.
Simple Bruchrechnung
Und doch gibt einen einen kleinsten gemeinsamen Nenner, den wir nur leider häufig verdrängen oder gar ignorieren. Vielleicht sollten wir uns einmal wieder darauf besinnen!
Fangen wir zum Beginn mit einem etwas größeren Nenner an und arbeiten uns dann weiter nach unten:
Wir sind alle Menschen!
…egal welche Hautfarbe wir haben, welchem Glauben wir angehören, welche sexuelle Orientierung wir haben, wie wir mit unserem Gegenüber zurecht kommen oder wieviele materielle Besitztümer wir unser eigen nennen.
Wir sind alle Lebewesen!
…egal an welcher Stelle wir in der Nahrungskette stehen, welchen Nutzen wir unserem Gegenüber zumessen oder wieviel Angst wir vor ihm haben.
Und um sogar »leblose« Gegenstände zu schützen, könnten wir sogar sagen:
Wir sind alle Materie!
Weitreichende Folgen
Wenn wir dies wirklich einmal verinnerlichen würden, es endlich akzeptieren würden, dass wir im Grunde alle gleich sind, könnten wir viele Probleme mit einem Schlag lösen:
- Wir würden verlernen, Gier und Neid zu empfinden — einer der größten Probleme unserer Menschheit.
- Wir würden Feindlichkeiten, ja sogar Kriege beenden, weil sie zumeist aus Gier und Neid entstehen.
- Wir würden uns alle mit Respekt behandeln und niemanden mehr diskriminieren.
- Wir würden unser Wertesystem umstellen und die sozialen Kontakte über unsere materiellen Werte stellen.
- Wir würden jedes Lebewesen in der Natur achten und nur noch so viel von ihr nehmen, wie wir zum Überleben benötigen.
- Wir würden auch unseren Ressourcen eine ganz andere Bedeutung zumessen.
Natürlich müsste für einen solchen Prozess sichergestellt werden, dass wir diese Herangehensweise von Kindesbeinen auf lernen. Wenn dies aber einmal auf den Weg gebracht wäre, hätten wir schnell den ersten Schritt in eine neue Welt zurückgelegt.
Gegensätze akzeptieren
Und ich spreche nicht davon, unsere negativen Gefühle zu unterdrücken oder gar unsere Unterschiedlichkeit zu ignorieren. Im Gegenteil — ich bin mir sicher, dass wir unsere Gegensätze zu schätzen wüssten!
Denn — und hier kommt eine Wahrheit, die unserem üblichen dualistischem Denken widerspricht:
Wir sind alle gleich, aber der Gegensatz macht uns stark.