MANA™: Kann man Ernährung minimalisieren?
Nicht nur das Kaufverhalten und den eigenen Besitz kann man auf das Wesentliche reduzieren. Minimalisten sind bestrebt, auch andere Lebensbereiche einzuschränken. Doch kann man selbst seine Ernährung einschränken? Ich möchte nach einen Langzeittest des Ernährungsersatzprodukts MANA™ meine Erfahrungen dazu mit Dir teilen.
Das Prinzip von Ernährungsersatzprodukten ist nicht neu: Schon seit gefühlten Ewigkeiten geben Gesundheitsorganisationen wie etwa die WHO oder DGE Nährwerttabellen heraus, die beschreiben, was dem Körper eines durchschnittlichen, gesunden und erwachsenen Menschen zugeführt werden sollte.
Alles, was der Körper braucht
Rechner zur individuellen Abstimmung je nach Alter, Körpergewicht und Aktivität gibt es im Internet zuhauf, um die passende Diät zu finden, je nachdem, ob man beispielsweise abnehmen oder seine Muskeln aufbauen möchte.
Aus den Tabellen resultiert auch die Notnahrung BP-5 und NRG-5, die von Hilfsorganisationen in Krisengebieten ausgegeben, beim Militär eingesetzt und von diversen Draußen-Schläfern zum Frühstück vertilgt wird.
Während die staubtrockenen Notnahrungspakete, die insbesondere auf eine lange Haltbarkeit von mehreren Jahrzehnten setzen, lediglich den Kalorienbedarf sowie den Anteil von Kohlenhydraten, Protein und Fetten berücksichtigen, gehen Nahrungsersatzprodukte noch einen Schritt weiter und beziehen auch den Tagesbedarf von Vitaminen und Spurenelementen mit ein.
Aller Anfang ist Soylent
Zu verdanken ist die Idee dem US-amerikanischen Programmierer Rob Rhinehart, der 2014 mit Soylent ein Produkt auf den Markt brachte, das den gesamten (durchschnittlichen) Tagesbedarf abdeckte. Menschenfleisch enthält es hingegen nicht.
Die Idee fand insbesondere im Silicon Valley hohen Zuspruch, denn kaum einer hat Zeit dafür, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten oder gar zu kochen, wenn man in jeder Minute, die man mit »unnützen« Dingen verbringt, eine stattliche Summe an Geld verliert.
Die Popularität in den USA zog viele Nachahmer an, die — anders als Soylent — auch in Europa zu erwerben sind. So etwa MANA™ des tschechischen Unternehmens Heavens Lab s.r.o., das ich nun ausführlich getestet habe.
Anders als herkömmliche Nahrung, wird MANA™ im Labor basierend auf unzähligen Studien zusammen gemixt. Dabei werden vorwiegend pflanzliche Produkte wie Meeralgen, Soja, Rüben, Hafer, Kokosnüsse, Mais, Raps, Akazie, Sonnenblumen- und Leinöl verarbeitet. Die Webseite des Herstellers geht dabei sehr transparent vor und bietet dem Kunden zahlreiche Dokumente wie chemische Analysen, Zertifikate und Studienmaterial zum Download an.
Heraus kommt ein Pulver sowie ein Fläschchen mit einer Öl-Mischung, die man mittels einer mitgelieferten Nalgene-Flasche und einem Portionslöffelchen in wenigen Minuten zu Flüssigkeitsnahrung zusammen brauen kann.
Essen zubereiten in drei Minuten
Anders als viele der Konkurrenten setzt der Hersteller auf fünf Mahlzeiten á 400 kcal, anstatt die Portionierung von 600–700 kcal pro Mahlzeit zu empfehlen, um auf die durchschnittlichen 2.000 kcal pro Tag zu kommen. Natürlich kann man dies aber mit dem Pulver auch an seinen Bedarf anpassen.
Dazu füllt man 300 ml Wasser in die Flasche, schaufelt zwei Portionslöffelchen an Pulver hinein und gibt anschließend einen Anteil vom Öl hinzu. Einmal kräftig schütteln — und fertig ist die 400 kcal starke Mahlzeit.
Mir ist allerdings aufgefallen, dass die Portionierung nicht ganz genau ist, so dass am Ende in der Tüte, die mit 2.001 kcal den kompletten Tagesbedarf abdecken soll, immer noch ein kleiner Rest übrig bleibt. Dies könnte aber auch an dem Messlöffel liegen, mit dem man keineswegs genau das Pulver abmessen kann, welches man benötigt.
Neu: Auch als fertiger Drink
Noch schneller geht es mit dem ganz frisch auf den Markt geworfenen MANA™ Drink. In einem schicken weißen Tetrapack mit 330 ml befindet sich die fertige Mischung einer 400 kcal starken Nahrung, die ohne Anrühren sofort zum Trinken bereit steht.
Rezeptur und Inhaltsstoffe entsprechen dabei dem Pulver inkl. Öl. Durch das industrielle Anmixen fällt allerdings die pulverige Konsistenz weg, was etwas angenehmer für die Zunge ist. Auch hier ersetzen fünf Flaschen bzw. Mahlzeiten den kompletten Tagesbedarf.
Moderate Preise
Unter den Nahrungsersatzmitteln fällt MANA™ noch relativ günstig aus. Das Pulver kostet im Starterset mit Flasche und Messbecher für 35 Mahlzeiten (1 Woche) 61 Euro, für 70 Mahlzeiten (2 Wochen) 112 Euro sowie für 140 Mahlzeiten (4 Wochen) 202 Euro.
Ab der zweiten Bestellung wird es etwas günstiger — die Preise liegen dann zwischen 50 und 184 Euro. Das entspricht einem Preis pro Mahlzeit über 1,35 Euro bis 1,44 Euro.
Aufgrund der höheren Produktionskosten fällt der Preis des MANA™ Drinks etwas höher aus und liegt durchschnittlich bei 2,50 Euro je Mahlzeit. Die Setpreise liegen zwischen 30 Euro für 12 Flaschen (2,5 Tage) und 230 Euro für 108 Flaschen (21,6 Tage).
Für minimal 180 Euro pro Monat kann sich die alternative Ernährung natürlich kein ALG-II-Empfänger leisten. Bei einem durchschnittlichen Haushalt sieht die Sache aber wieder anders aus.
Zum Vergleich: Die Notnahrung NRG-5 liegt beim großen Karton mit 24 Packungen (24 Tage á 2.300 kcal) bei etwa 145 Euro. Und dabei sind viele Vitamine und Spurenelemente nicht enthalten. Konkurrenten unter den Nahrungsersatzprodukten hingegen, die beispielsweise auf Bio-Zertifizierung oder Geschmacks-Variationen achten, verlagen bis zu 7,50 Euro pro Mahlzeit.
Wer seine Nahrung nicht vollständig durch MANA™ ersetzen möchte, spart natürlich noch ein wenig mehr. So kommt man günstigenfalls mit 50 Euro monatlich mit dem Pulver aus, wenn man nur eine Mahlzeit täglich ersetzt. Beim Drink wären dies 82 Euro für 36 Flaschen.
Recht neutraler Geschmack
Geschmacklich erinnert der angemixte Pulver an ganz feinen, flüssigen Haferbrei mit einer leicht salzigen Note. Das hinzugeführte Öl verleiht dem Nahrungsersatz einen leicht schleimigen Touch, der aber keineswegs negativ auffällt. Insgesamt schmeckt das Produkt relativ neutral.
Klingt nicht besonders lecker — ist es auch nicht. Um dem Ganzen eine eigene Note zu geben, empfiehlt der Hersteller die Zubereitung mit Obst wie Erdbeeren, Bananen oder Kiwis, die aber dann mit einem Mixer verrührt werden müssen. Unterwegs müsste man also auf einen verbesserten Geschmack verzichten.
In Ermangelung eines Mixers habe ich diese Empfehlung nicht ausprobiert, muss aber auch sagen, dass mich der neutrale Geschmack nach einigen Mahlzeiten gar nicht mehr gestört hat.
Der MANA™ Drink hingegen profitiert von einer etwas anderen Konsistenz, die stark an Milch erinnert. Mal abgesehen vom salzigen Haferbrei natürlich.
Wirkung und Verträglichkeit
Da eine Tüte MANA™ bzw. fünf Flaschen des Drinks den kompletten Tagesbedarf an Kalorien, Vitaminen und Spurenelementen abdecken, kann die komplette Ernährung darauf umgestellt und auf herkömmliche Gerichte vollständig verzichtet werden.
Man sollte es aber — wie bei jeder Ernährungsumstellung — langsam angehen und erst einmal mit einer Mahlzeit beginnen, um sie später langsam zu steigern.
Auch wenn ich nicht den vollständigen Ersatz angestrebt habe, hat dies auch seinen Grund. Denn zu Beginn muss sich auch der Magen damit umgehen lernen. Der ist ja schließlich daran gewöhnt, feste Nahrung zu verarbeiten und diesbezüglich auch beim Kauen, Schmecken und Schlucken Signale zu erhalten, die er plötzlich nicht mehr hat.
So hat es bei mir etwa eine Woche Teilzeit-MANA gedauert, bis mein Magen daran gewöhnt war. Anfangs kam es zu gelegentlichen Blähungen, allerdings ohne große Veränderung des Stuhlgangs. Auch stellte sich zu Beginn kein großes Sättigungsgefühl ein.
Dies war aber schnell erledigt. Inzwischen macht mich eine Portion MANA™ für etwa sechs Stunden satt und der Magen grummelt auch nicht mehr vor sich hin.
Zur Verträglichkeit möchte ich noch anmerken, dass das Pulver als »vegan« gekennzeichnet ist und damit keine tierischen Produkte enthält. Anders als bei der üblichen veganen Ernährung gibt es hier auch keinen Mangel an Vitamin B12, Zink oder Eisen, da dieses umfänglich abgedeckt wird.
Bei Unverträglichkeiten und Allergien muss man hingegen noch vorsichtig sein. So ist der Drink zwar laktosefrei (was mir sehr zugute kam), aber nicht glutenfrei (daran arbeitet der Hersteller aber nach eigenen Angaben schon). Auch sollte man sich durch die Inhaltsstoffe lesen, ob man nicht auf das Eine oder Andere allergisch reagiert.
Psychische Wirkung bei Langzeitanwendung fragwürdig
Auch wenn MANA™ dauerhaft als kompletter Nahrungsersatz eingesetzt werden kann, würde ich jedem Interessierten eher nicht dazu raten. Denn zwar bekommt der Körper alle empfohlenen Nährstoffe, Vitamine und Spurenelemente ab — und sicher ist das bei Vielen deutlich gesünder als die aktuelle Ernährung.
Was aber bei jedem Nahrungsersatzprodukt außer Acht gelassen wird, ist die psychische Wirkung auf unseren Körper.
Unsere Ernährung hat ja nicht nur das Ziel, seinen Körper möglichst fit zu halten. So gibt es eine soziale Komponente, wenn man mit Freunden oder Familie an einem Tisch sitzt und seine Mahlzeit zu sich nimmt. Dies wird mit so einem Getränk nur wenig Freude bringen. Nicht nur, dass man schiefe Blicke erntet, wenn man nur mit einer Flasche bewaffnet am Tisch sitzt. Auch ist man einfach viel zu schnell fertig.
Wer langfristig auf MANA™ setzt, sollte auch bedenken, dass der Kauapparat nicht mehr belastet wird. Und das ist weder gut für den Kiefer, noch für die Zähne. Auch bekommt der Magen kaum noch Signale anhand des Geschmacks darüber, auf was er sich eigentlich vorzubereiten hat. Zudem eine solche Ernährung einfach zu wenig Abwechslung für Körper und Geist mit sich bringt.
Das was mich aber am meisten an einer vollwertigen Nahrungsumstellung hindert, ist die fehlende Achtsamkeit.
Wir sind in unserer Gesellschaft sowieso schon viel zu wenig im Hier und Jetzt, stehen ständig unter Zeitdruck, lassen uns stressen (oder stressen uns selbst) und schaffen uns nur selten einen Ausgleich.
Letzteres findet man gerade durch die Zubereitung und das Vertilgen einer Mahlzeit. Die richtigen Zutaten auszusuchen, sie in der Mittagspause zu einem schmackhaften Gericht zu verarbeiten und dann die unterschiedlichen Geschmäcker im Mund zergehen zu lassen, lange zu kauen und den Magen zu füllen, ist einfach eine Wohltat, die den kommenden arbeitsreichen Nachmittag mit einer gewissen Leichtigkeit versüßt.
In fünf Minuten direkt am Arbeitsplatz ein Nahrungsersatzprodukt hinunter zu schütten und dann am besten gleich weiter zu arbeiten, fördert hingegen nur noch mehr den Stress. Selbst wenn es eine deutlich gesündere Methode als Fast Food ist. Wir lassen uns einfach keine Zeit mehr.
Fazit: Gesunde Alternative für den Snack zwischendurch
Ist MANA™ deshalb ein schlechtes Produkt? Definitiv nein! Kann es gesünder sein als unsere herkömmliche Kost? Ja! Ist es für Menschen zu empfehlen, die unter Zeitdruck stehen? Wieder ja!
Wenn Du keine Lust zum Kochen hast oder wenn es einfach schnell gehen muss, ist MANA™ genau das Richtige für Dich. Es ist auf jeden Fall gesünder als die Pizza oder der Burger um die Ecke.
Weitwanderer und Trekking-Begeisterte, Outdoor- und Survival-Interessierte sollten ebenfalls ein Auge darauf werfen, denn insbesondere in Pulver-Form ist die Nahrung durch die leichte Transportfähigkeit und die schnelle Zubereitung, ohne den Kocher dafür anzuwerfen, mehr als geeignet.
Selbst der Notnahrung läuft MANA™ bei ähnlichen Preisen den üblichen Produkten den Rang ab. Nicht zu vergessen sind natürlich auch die Menschen, die keine feste Nahrung aufnehmen können oder beispielsweise Krankenhausessen umgehen möchten.
Auf eine komplette Supplementierung würde ich aber dennoch verzichten. Um ein bis zwei Mahlzeiten täglich damit zu ersetzen — dafür ist es ideal. Und das werde ich selbst auch weiter so tun.
MANA™ ist ein gutes und sinnvolles Produkt — die komplette Ernährung zu minimalisieren sollte aber insbesondere im Hinblick auf die psychischen Nachteile lieber unterlassen werden.