Was ist eigentlich Minimalismus?
Vermutlich hast Du den Begriff »Minimalismus« schon einmal gehört. Doch was versteht man eigentlich unter dem aus den USA herüber schwappenden Trend? In diesem Artikel möchte ich es Dir erklären.
Der Mensch besitzt im Durchschnitt etwa 10.000 Dinge. Nicht etwa im ganzen Leben, sondern jetzt in diesem Moment! Klingt viel? Ist es aber nicht. Denn wenn man bedenkt, dass man jedes Paar Socken oder jede Nippes-Figur extra zählt, kommt man schnell auf diese Anzahl.
Von der Sucht des Kaufens
Die Welt ist in einen regelrechten Kaufrausch verfallen. Wir kaufen, um unseren Status aufrecht zu erhalten und mit anderen mithalten zu können. Wir kaufen, um unsere Gefühle in den Griff zu bekommen. Und letztendlich sogar aus purer Langeweile.
Dabei ist der Gang in die heiligen Hallen des Einkaufszentrums gar nicht so entspannend, wie man vielleicht denken mag. Wir sind immer auf der Suche nach dem »perfekten« Produkt — und wir müssen es schnell haben! Möglichst vor allen anderen, um uns einen Vorteil zu ergattern.
Masse statt Klasse
Die Industrie hat sich darauf eingestellt, eher Masse anstatt Klasse zu produzieren. Es ist wichtiger, neue Trends zu entwickeln, anstatt Produkte zu veröffentlichen, die Jahre überdauern.
In der Elektronik-Branche entsteht sogar der Eindruck, das die Geräte schon dazu konstruiert worden sind, möglichst schnell kaputt zu gehen. Und die Werbeindustrie suggeriert uns zusätzlich noch, dass wir immer das Neuste haben müssen, um mithalten zu können. Jedes Jahr ein Smartphone? Kein Problem!
Die Gier nach mehr
Doch was haben wir eigentlich davon? Viel Besitz heißt viel Arbeit — das weiß man spätestens dann, wenn man ein Haus sein Eigen nennt. Ständig muss man sich darum kümmern, es sauber zu halten und Schäden zu reparieren.
Der Drang nach mehr kann uns schnell an unsere psychische Belastbarkeit führen. Die Gier nach mehr ist so präsent, dass wir nur dann befriedigt werden, wenn wir das Beste und Neuste kaufen können. Wir definieren uns über Geld und Arbeit, anstatt unsere sozialen Kontakte zu pflegen und unsere Träume zu verwirklichen.
Von einem Extrem zum nächsten
Doch seit einigen Jahren hat sich ein Gegentrend zum Kaufrausch entwickelt: der Minimalismus. Der Begriff ist ja hinlänglich aus der Kunst bekannt. Und nun auch beim Hab und Gut.
Minimalisten haben per Definition lediglich 100 Dinge. Da muss man sich auf das Wesentliche beschränken. Dinge, die man nicht oder kaum benutzt, werden einfach aussortiert. Und die wichtigen Dinge werden so haltbar wie möglich gemacht.
Der Minimalismus ist die moderne Askese. Verzicht wird groß geschrieben und Überfluss regelrecht verteufelt. Und genau wie bei dem zurückgezogenen Einsiedler in seiner Höhle, der hungernd und frierend den Elementen ausgesetzt ist, kommen die Vorteile zum Vorschein:
Die berühmten »inneren Werte« kommen wieder zum Tragen. Gedanken werden wieder wichtig. Wir setzen uns wieder mit unseren Ängsten und Wünschen auseinander. Und der soziale Zusammenhalt wird wieder deutlich größer.
Wie ich Minimalismus verstehe
Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Minimalismus muss nicht übermäßig extrem ausgelebt werden. Wir müssen nicht auf all das verzichten, was uns vielleicht auch gut tut. Und die Zahl 100 ist weit übertrieben.
Beschränken wir uns auf das Wesentliche! Minimieren wir all die Ablenkung, die wir uns bewusst oder unbewusst zusammenkaufen. Und fassen wir doch die Dinge wieder als praktische Hilfsmittel auf.
Aber wir müssen es nicht übertreiben. Es geht nicht darum, besonders wenig zu haben und nur den Schwerpunkt vom Kaufen auf das Nicht-Kaufen zu verlagern. Es geht um die Ausgeglichenheit, den Mittelweg.
Beim Besitz ist nicht Schluss
Auch würde ich den Minimalismus nicht auf den Besitz beschränken. Es kann so viel mehr sein!
Machen wir doch auch bei unserem Terminkalender, unserer Arbeit, unseren Freunden einen Frühjahrsputz. Versuchen wir wieder, zur Einfachheit zurück zu finden. Denn mit ihr verschwinden auch zahlreiche Probleme.