Wie Du Deinen Medien-Konsum in den Griff bekommst
Heutzutage werden wir mit Informationen nur so zugedröhnt — ob wir es wollen oder nicht. Und doch gibt es Möglichkeiten, sich vor der permanenten Reizüberflutung zu schützen.
Mediennutzung verändert sich
Neben den klassischen Massenmedien wie etwa Zeitungen und Magazine sowie Fernsehen und Hörfunk etablieren sich auch digitale Medien immer mehr. Das Internet ist für uns eine unerschöpfliche Kommunikations- und Informationsquelle, die uns weit mehr bietet, als es die »alten« Medien vermögen.
Insbesondere unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind die klassischen Nebenbei-Medien Fernsehen oder Radio größtenteils out. Video und Audio auf Abruf, sei es nun per Video on Demand, Podcasts oder Streaming, sind immer mehr im Kommen und punkten vor allen Dingen durch die zeitliche Unabhängigkeit und bessere Verfügbarkeit.
Laut der ARD/ ZDF-Onlinestudie 2014 nutzte die Altersgruppe der 14- bis 29-jährigen das Internet zur Informationsbeschaffung um mehr als 80% häufiger als das Fernsehen. Weitere Altersgruppen dürften in den kommenden Jahren nachziehen.
Auch die Nutzung der Printmedien geht immer weiter zurück. In der Allensbacher Markt- und Werbeanalyse 2015 ließ sich unter anderem ablesen, dass die jungen Zeitungsleser seit dem Jahr 2000 rapide einbrechen. Auch interessieren sie sich immer weniger für gesellschaftliche und tagesaktuelle Themen.
Die sind selbst im Internet nicht sonderlich gefragt. Die allgemeine Informationsbeschaffung nimmt im Netz hingegen beständig zu und schlägt seit 2013 alle restlichen Medien. Ein Großteil (59%) der deutschen Bevölkerung nutzt dazu mobile Geräte wie Smartphones und Tablets.
Risiken der digitalen Medien
Natürlich haben digitale Medien und das Internet viele Vorteile, sei es nun die schnellere Informationsbeschaffung oder eine distanz-überbrückende Kommunikation. Aber wie überall gibt es auch eine Kehrseite der Medaille.
Dabei möchte ich noch nicht einmal so sehr über Sicherheit und Datenschutz sprechen. Digitale Medien verändern uns Menschen — unsere Gefühle und Verhaltensweisen.
An allererster Stelle steht dabei das hohe Suchtpotential des Internets, seien es nun Online-Games oder Messenger-Apps. Soziale Medien verleiten viele Menschen zu exzessiven Gefühlsausbrüchen. Hinter vermeintlicher Anonymität versteckend, beginnen sie schnell, die Grenze zwischen freier Meinungsäußerung und Beleidigung zu durchbrechen.
Die permanente Reizüberflutung, der wir im Netz ausgesetzt sind, kann uns durchaus zu einem Nervenbündel machen. Digitale Kommunikation bleibt größtenteils oberflächlich und ersetzt nachweislich nicht direkte soziale Kontakte.
Auch geht uns zwar nicht die Intelligenz, aber dafür die Aufmerksamkeit flöten. So verändert sich beispielsweise das Leseverhalten im Internet. Hirnforscher Manfred Spitzer geht sogar so weit, zu behaupten, dass der Internetkonsum zur digitalen Demenz* führen könnte.
So stellst Du Deinen Medien-Konsum um
Natürlich muss man deshalb nicht das Internet und digitale Medien verteufeln und zurück in veraltete Strukturen fallen. Dennoch kannst Du einiges dafür tun, um nicht durch den beständigen Konsum in Abhängigkeit, Reizüberflutung oder gar Stresserkrankungen zu fallen.
In meinen Augen sollten wir vor allen Dingen darauf achten, wieder bewusster mit Informationen im Allgemeinen umzugehen und sie selektiver wahrzunehmen. Auch lassen sich Medien wunderbar reduzieren. Mit diesen fünf Schritten schaffst Du Ordnung im digitalen Medien-Chaos:
1. Reduziere Deine Medienquellen
Fernsehen oder Streaming, Radio oder Podcast, Zeitung oder RSS-Feed — dies sollte Deine erste Frage sein, wenn Du Deinen Medienkonsum einschränken möchtest. Ich würde immer letzteres bevorzugen, da ich mich dann nicht von konkreten Zeiten abhängig mache, an denen ich konsumieren »muss«.
Schränke aber auch die Quellen ein, aus denen Du die Beiträge beziehst. Gehe beispielsweise durch Deinen Feed-Reader oder die Bookmarks, um Blogs und Nachrichten-Seiten zu minimieren. Du musst aber auch nicht bei zehn Video- oder Musikplattformen angemeldet sein.
Achte bei der Auswahl vor allen Dingen darauf, wie regelmäßig Du diese Seiten überhaupt benutzt. Ziehe Qualität der Quantität vor. Fühlst Du Dich auf der Webseite wohl? Liefern die Artikel hochwertige Inhalte, stimmt das Design und die Lesbarkeit? Eine gute (wenn auch überarbeitungswürdige) Richtlinie wäre beispielsweise das Slow Media Manifest von Sabria David.
2. Selektiere interessante Beiträge vor
Fast jeder Dienst hat die Möglichkeit, eine Vorauswahl aus allen Quellen zu treffen. Schaue regelmäßig die aktuellen Beiträge durch und entscheide anhand der Überschrift und der Beschreibung, ob Du sie überhaupt lesen bzw. ansehen möchtest.
Im RSS-Reader oder im Browser kannst Du beispielsweise Dienste wie Pocket nutzen, um lesenswerte Artikel abzuspeichern und später (offline) zu lesen. Bei YouTube kannst Du wiederum die Playlist »später ansehen« nutzen — einfach auf das kleine Uhren-Symbol in der rechten unteren Ecke des Vorschaubilds des Videos gehen. Auch Netflix oder Spotify haben solche Funktionen.
3. Plane Zeit für den Konsum ein
Statt nun jeden Beitrag sofort in Dich aufzunehmen, solltest Du Dir für den Konsum feste Zeiten einplanen. So kannst Du beispielsweise morgens in 10 Minuten durch alle Feeds gehen und vorselektieren, aber erst abends die entsprechenden Nachrichten ganz in Ruhe lesen.
Wenn Du eine gewisse Spontanität brauchst oder nicht planen kannst, stecke Dir einen zeitlichen Rahmen und eine Priorität. So könntest Du Dir vornehmen, eine Stunde am Tag mit dem Medienkonsum zu verbringen — aber erst, wenn alle anderen Dinge erledigt sind.
4. Konsumiere bewusst
Für mich ist dies der wichtigste Punkt von allen: Anstatt nun durch die abgespeicherten Beiträge zu hetzen, nimmt Dir Zeit und schenke den Medien Deine volle Aufmerksamkeit. Setze Dich außerdem nicht unter Druck, dass Du sämtliche Beiträge in der vorgegebenen Zeit lesen oder ansehen musst.
Lese langsam und verinnerliche die Artikel. Höre einmal Musik, ohne noch andere Dinge nebenher zu machen. Und schaue Dir das Video an, indem Du Dich mit dem Inhalt auch befasst (und ja, das geht auch mit unterhaltenden Filmen und Serien).
5. Verzichte auf das Archivieren
Was Du Dir angesehen hast, solltest Du für gewöhnlich loslassen. Sei ganz ehrlich mit Dir selbst: Wie oft greifst Du auf Artikel, Videos, Musik oder Podcasts mehrere Male zu?
Lösche also radikal alle angesehenen Medien von Deiner Liste. Du brauchst sie nicht noch einmal! Und solltest Du doch mal wieder Lust auf den gleichen Film haben, findest Du ihn garantiert auch wieder. Wenn nicht, hat sich die Extrameile wohl nicht gelohnt.
Bonus: Widerstehe der Versuchung
Viele Medien konsumieren wir nur, weil sie uns ständig entgegen blinken, viel Werbung und Gewese darum gemacht wird. Als Bonus-Aufgabe möchte ich Dir deshalb ans Herz legen, einmal der Versuchung zu widerstehen.
Wenn du schon etwas geübter bist, kannst Du das im übrigen auch auf Deinen Recherche-Drang ausweiten. Wie oft schlägst Du im Internet (z.B. bei Wikipedia) etwas nach, nur weil Du es gerade vergessen hast oder einfach nicht weißt, was es bedeutet?
Frage doch stattdessen Deine Freunde oder die Menschen, die Du gerade (offline) um Dich herum hast. Es kann auch einmal sehr erleichternd sein, zuzugeben, dass man nicht alles weiß.
Denn egal, ob nun bei der Recherche oder beim Konsum digitaler Medien: Wir sollten nie vergessen, dass wir alle Menschen sind.